Die Fraktion GRÜNE hat dem Haushalt 2024 der Gemeindeverwaltung Urbach zugestimmt. Wir veröffentlichen hier die Haushaltsrede der Fraktion:
Mit dem Haushalt 2024 finanziert Urbach wie jedes Jahr, Pflichten und Freiwilliges. Grundsätzlich ist eine Gemeindeverwaltung für alle öffentlichen Aufgaben im Ort zuständig. So sieht es die kommunale Selbstverwaltung vor. Das macht auch die ehrenamtliche Arbeit im Gemeinderat so interessant. Wir müssen uns im Gemeinderat mit fast allen Themen der Verwaltung beschäftigen. So auch mit den Zahlen des Haushalts.
Die Verwaltung rechnet 2024 mit einem Ergebnis von rund minus einer Mio. Euro, bei 28,6 Mio. Euro Aufwendungen und 27, 6 Mio. Euro Ertrag. Das Minus können wir durch erwirtschaftete Rücklagen der Jahre 2020 bis 2023 auffangen.
Warum rutschen wir in diesem Jahr beim Ergebnishaushalt ins Minus? Wer das genauer wissen will, muss sich die Erträge und Aufwendungen näher ansehen:
Auf der Einnahmenseite steigen die Grundsteuern, die Ertragsanteile an Einkommen- oder Umsatzsteuern und die Gewerbesteuern insgesamt nur in geringem Maße. Einzig Zuweisungen Dritter (sogenannte Schlüsselzuweisungen) erhöhen sich signifikant von rund 4,5 auf 5,5 Mio. Euro. Insgesamt verbessern sich also die Erträge. Das reicht allerdings nicht aus, um die erhöhten Aufwendungen zu kompensieren.
Bei den Aufwendungen erhöhen sich allein die Personalkosten von 7,8 auf 9,2 Mio. Euro. Das sind 1,4 Mio. Euro bzw. 17 % mehr als im Vorjahr. Wie kommts? Ein Stellenzuwachs von 127 auf 130 ist das eine, aber nicht das Ausschlaggebende. Aktuelle Tarifabschlüsse sind das Entscheidende für die erhöhte Aufwendungen und letztendlich für das Minus im Ergebnishaushalt.
Im Finanzhaushalt ergibt sich aus den Planungen der Investitionen eine Differenz zwischen Kosten und Einnahmen (wie Zuschüsse) in Höhe von 4 Mio. Euro. Diese Ausgaben für Investitionen sind gut angelegt für Flüchtlingsunterbringung, Kanalsanierungen, Digitalisierung, Öffentlichen Nahverkehr, Kinderbetreuung und Lüftungstechnik in der Wittumschule.
Wir sehen, wir leisten uns keine großen Sprünge. Das war auch in den vergangenen Jahren so. Bei der Pro-Kopf-Verschuldung liegen wir im Trend des Landes. Sie lag in Urbach 2021 bei 1.035 Euro und 2023 bei 862 Euro pro Einwohner:in.
Keine großen Sprünge hört sich zunächst gut an. Aber unser Haushaltsproblem über die Jahre gesehen ist folgendes: Wir schieben wichtigste Themen vor uns her. Nur ein Beispiel: Die Feuerwehr muss dringend saniert werden. Nicht nur die Trennung der Umzugsräume in einen Raum für Frauen und einen für Männer ist überfällig. Der fehlende Brandschutz im Urbacher Feuerwehrgerätehaus ist ein real existierender Widerspruch.
Investieren müssen wir auch in:
Brückensanierungen,
Hochwasserschutz oder
Wohnungsbau für Geflüchtete und Wohnungslose.
Nach den Kommunalwahlen ist der neue Gemeinderat gefordert, gezielt zu investieren. Das geht nicht ohne neue Schulden. Damit die Haushalts- oder Investionsmittel nicht nach Lust oder Laune der Verwaltung oder des Gemeinderats ausgegeben werden, beraten und beschließen wir im Gemeinderat nach bestem Wissen und Gewissen. Die Verwaltung bereitet diese Beschlüsse in Sitzungsvorlagen vor und holt bei komplexen Sachverhalten Expert:innen dazu.
In letzter Zeit sind manche Beschlussvorlagen und auch Beiträge von Expert:innen externer Beratungsbüros vom Gemeinderat mehrheitlich infrage gestellt worden. Dies stellt aus unserer Sicht Kommunikation und gegenseitige Verlässlichkeit zwischen Verwaltung und Gemeinderat, und im Gemeinderat selbst, infrage und belastet schließlich unseren Haushalt, durch Verzögerungen oder zusätzliche Expertisen und Gutachten.
Woran sollen wir uns bei unseren Entscheidungen orientieren? Wir brauchen natürlich unsere eigenen, persönlichen Maßstäbe und die gemeinsamen Vorstellungen in der Fraktion. Aber bestenfalls hat sich der Gemeinderat mit der Verwaltung und Beteiligung der Einwohner:innen im Vorfeld mit der Aufstellung des Haushalts auf gemeinsame Ziele verständigt. Zur Kontrolle, ob die Ziele erreicht werden, können Kennzahlen festgelegt werden.
Wenn wir so vorgehen, würden die Ergebnisse und Wirkungen unserer Entscheidungen in den Mittelpunkt rücken, das heißt, wir hätten jährlich ein Korrektiv auf dem Weg zur Erreichung unserer Ziele. Wir wissen nicht, ob und welche Kommunen unserer Größe bereits mit strategischen Haushaltszielen und Kennzahlen arbeiten. Aber es ist der Anspruch unserer Fraktion, sich diesem Thema zu nähern. Darüber sollten wir im Gemeinderat oder im Verwaltungsausschuss sprechen.
Ob mit oder ohne Kennzahlen. Wir sind dem Wohl der Bürger:innen verpflichtet. Bei knapper Kasse sind nicht alle Wünsche erfüllbar. Aber wir GRÜNEN werden wir uns aktiv einbringen, wenn es darum geht, im Dialog mit Bürger:innen, Vereinen oder zivilgesellschaftlichen Initiativen Lösungen zu erarbeiten.
Zum Schluss.
Für fast alles brauchen wir Geld.
Für eines nicht.
Für einen fairen Umgang miteinander.
Und fair bedeutet nicht mehr und nicht weniger als „es passt“ – für „mich“ und für die „anderen“.
In diesem Sinn gehen wir mit der Verwaltung und mit den Befürworter:innen des Haushalts 2024 ins neue Haushaltsjahr!